BMG und Ärzteblatt stellen CaPRis-STUDIE falsch dar

Die Drogenbeauftragte der deutschen Bundesregierung Marlene Mortler hat eine riesige Metastudie über die gesundheitlichen Wirkungen von Cannabis finanziert und Ende 2017 präsentiert: die CaPRis-Studie. Deren hochinteressante Ergebnisse sind auf der Homepage des Bundesgesundheitsministeriums so atemberaubend falsch dargestellt, dass man nur von gezielter „Fake News“-Verbreitung reden kann. Die ARGE CANNA fordert daher Frau Mortlers sofortigen Rücktritt.

Kennen Sie diese seltsam emotionale Abneigung, die sich im Zusammenhang mit Cannabis immer wieder hartnäckig breitmacht? Diese für Argumente unempfängliche, impulsive Ablehnung? Behörden und Politiker haben sie. Die Medien suhlen sich in ihr. Und nicht einmal ernst gemeinte, wissenschaftliche Arbeiten sind davor gefeit. Das deutsche Ärzteblatt etwa, die offizielle Publikation der deutschen Bundesärztekammer, ist gar nicht verlegen darum, in Bezug auf Cannabis das Streben nach Seriosität in der Berichterstattung über Bord zu kippen. Am 1. Dezember 2017 etwa veröffentlichte die Website www.aerzteblatt.de unter dem Titel „Interesse an Cannabis als Schmerzmittel flaut ab“ (siehe LINK HIER) einen Artikel über die Aussagen eines Landesverbandsvorsitzenden in dessen Vortrag bei einem Schmerzkongress in Weimar. Trotz Abwesenheit von Quellenangaben und logischer Schwächen in der Argumentation werden die Behauptungen des besagten Vortragenden vom Ärzteblatt unhinterfragt zu berichtenswerten Nachrichten über bestehende neue Zustände in der Cannabismedizin erklärt. Tendenziöse, irreführend unvollständige Formulierungen und Rückschlüsse hinterlassen den Eindruck einer selbst für das journalistische Milieu schauderhaften Methodik.

Ärzteblatt: schauderhafte journalistische Methodik

Einen weiteren Artikel vom 28. November 2017, betitelt mit „Wenig Evidenz für medizinischen Cannabis, vielfältige Risiken beim Freizeitkonsum“ (siehe LINK HIER), gestaltet das Ärzteblatt in selber Weise. Hier werden u. a. die Ergebnisse zusammengefasst, welche eine in Deutschland öffentlich beauftragte Metastudie – die CaPRis-Studie – zur Sichtung von über 2.000 Studien zu Cannabisnutzung als Medizin und 100.000 Studien über die Schäden, die Cannabis dem Menschen zufügt, kürzlich erbracht hat. Alle Studien stammen aus den letzten zehn Jahren. Das CaPRis-Fazit ist, dass Cannabis gut belegt bei chronischen Schmerzen Verbesserungen bringen kann, dass für zahlreiche andere, mehrfach beschriebene, gesundheitsfördernde Wirkungen aber noch keine ausreichende Evidenz wissenschaftlich belegt ist. Der Handlungsbedarf – mehr wissenschaftliche Daten dringend benötigt – wird auch von der CaPRis-Studie anerkannt aufgrund zahlreich vorgefundener Indizien. Zu den Risiken wurde vor allem festgestellt, dass sich innerhalb der gesichteten Datenkörper üppige methodische Mängel manifestieren. Die Rückschlüsse, welche das Ärzteblatt zieht und die Aufzählungen von Gefahren, die das Ärzteblatt vornimmt bzw. vielleicht auch übernimmt, sind in diesem Sinne äußerst überraschend – und im Sinn der guten wissenschaftlichen Praxis über weite Strecken unzulässig. Erneut wäre auch bei diesem Artikel im Sinne der journalistischen Praxis Veto einzulegen. Um ein besonders hervorstechendes Beispiel zu nennen: Das Ärzteblatt wiederholt sogar den vielfach bemühten Mythos vom „Turbo-Cannabis“ im Nebensatz „da der THC-Anteil in Cannabis immer mehr zunehme“. Dabei wird in Marokko seit tausenden Jahren Haschisch aus hochkonzentrierten Cannabisharzen mit bis zu 30% THC hergestellt und dies wurde größtenteils im 20. Jahrhundert seit den 1960er Jahren in Westeuropa konsumiert (vgl. hierzu Clarke, Robert C.: Haschisch: Geschichte, Kultur, Inhaltstoffe, Genuss, Heilkunde, Herstellung, AT Verlag 1999).

Die CaPRis-Studie selbst, obgleich zu erwarten ist, dass sie von unvermeidlich immanenten Unschärfen geprägt ist, wird vermutlich eine ernsthafte und respektable Anstrengung sein. Eine Kurzfassung – die Studie soll demnächst in Buchform erscheinen – kann HIER NACHGELESEN werden. Das Problem der Studie ist vielmehr, dass sie von besagter Marlene Mortler, einer gebürtigen Hopfenbäurin aus Bayern, die seit geraumer Zeit als Drogenbeauftragte der deutschen Bundesregierung von sich reden macht (sehr beliebt auf YouTube), vorgestellt und wohl auch dank ihr vom Gesundheitsministerium finanziert wurde, aus dessen Förderungen CaPRis hervorgeht. Die Legitimation dieser Bundesregierung ist nicht mehr gegeben, Koalitionsverhandlungen in Deutschland ziehen sich weiter dahin. Auf der ganzen Sache lastet also ein überzogenes Ablaufdatum.

Cannabis-Wirkung bewiesen

Die wissenschaftliche Faktenlage der CaPRis – kurz für „Cannabis: Potential und Risiken“ – ist z. B., dass vorteilhafte Cannabis-Wirkungen im Schmerzbereich bewiesen sind – ein krasser Widerspruch zum ersten hier behandelten Artikel aus dem Ärzteblatt. Bei den von CaPRis angeblich belegten Risiken von Cannabiskonsum zu Rauschzwecken fällt ein überaus starker Negativ-Bias auf. Wenngleich auch die ARGE CANNA vertritt, dass Cannabiskonsum für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre als Freizeitkonsum untersagt sein sollte und eine durchaus drastische Medikation darstellt, die nur bei z. B. Extremformen von Epilepsie, Tourette u. dgl. zum Einsatz kommen sollte, sind beobachtbare Vorteile von Cannabismedikation auch bei Kindern und Jugendlichen durchaus hoffnungsvoll genug, um zumindest eine weitere Beforschung zu rechtfertigen, vor allem im Hinblick auf das nicht berauschende CBD. Dass ein belegbarer Zusammenhang besteht zwischen frühem Beginn des Cannabiskonsums, sozialer Benachteiligung, Verwahrlosung, kognitiven Leistungsmängeln und Suchthäufigkeit, ist zwar unbestreitbar, aber entscheidend ist hier immer noch, dass keinerlei belegte Kausalitäten existieren. Cannabis hier als Verursacherin hinzustellen ist unzulässig. Das Argument dient hier nur dazu, Cannabis in schädlichem Licht erscheinen zu lassen, ohne jeden faktischen Boden. Niemand kann mit wissenschaftlichem Anstand behaupten, dass Cannabis sozialen Verfall und Verdummung verursache. Dafür gäbe es keine haltbaren Belege. Bleibt zu hoffen, dass die CaPRis-Studie genau dies auch feststellen wird.

Schlichte Veränderung wird zu Schädigung erklärt

Bemerkenswert ist nebenbei auch, dass die deutsche ÄrzteZeitung, eine ‚unabhängige‘ Publikation des Springer Verlags, die CaPRis-Studie ebenfalls am 28. 11. zusammengefasst hat (vgl. LINK HIER). Und dieses Blatt mischt nicht mit Interpretationen und Rückschlüssen die Inhalte neu an, sondern gibt sehr trocken wieder, was die CaPRis-Studie herausgefunden hat. Sofort bemerkt man den völlig anderen Ton in der Berichterstattung. Hier wird die vielleicht gezielte Sinnveränderung, ganz sicher aber eine Fehlleistung der Frau Mortler, des Bundesgesundheitsministeriums und des Ärzteblatts noch deutlicher wahrnehmbar. Die Kommunikationsstrategie dieser letztgenannten behördlichen „Spieler“ ist daher im Mindesten als propagandistische Informationsbeugung zu klassifizieren. Hier wird Inhalt so kolportiert, dass er einen falschen Eindruck hinterlässt – Cannabis bleibt als schädlich, gefährlich und unnütz im Gedächtnis, obwohl das Gegenteil aus der CaPRis-Studie als Ergebnis hervorgeht. Das ist schon in der Kurzfassung Frau Mortlers bzw. des Bundesgesundheitsministeriums ersichtlich, trotz des immanenten Bias, der sich u. v. a. darin manifestiert, dass soz. in überschäumender Bereitschaft aus schlichter Veränderung eine Schädigung gemacht wird.

PolitikerInnen dürfen sich nicht so irren

Wie gezielt diese Propagandahetze vonstatten geht, sei dahingestellt, da es den Effekt nicht verändert – der bleibt gleich, auch wenn die Urheber selbst Opfer von jahrelanger propagandistischer Beeinflussung geworden sind und gar nicht mit vollem Bewusstsein so handeln. Für Marlene Mortler dürfte es allerdings nur eins bedeuten: den sofortigen Rücktritt. PolitikerInnen können – dürfen! – sich ganz einfach nicht so irren.

Das wahre Fazit der Geschichte lautet aber: Die Hexenjagd auf Cannabis geht unvermindert weiter. Und blockiert wird die soziale Reintegration der ältesten aller Heilpflanzen vor allem von den Ärztinnen und Ärzten sowie ihren Interessensvertretungen, der Ärztekammer und dem Gesundheitsministerium. Warum? Steckt die Pharmaindustrie dahinter? Es wird die Zeit kommen, da werden sich die GöttInnen in Weiß dieser Frage stellen, sich rechtfertigen müssen. Und damit wir niemanden vergessen: Der deutsche Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe ist selbstverständlich mitverantwortlich für den Schlamassel – unser Bild zeigt sein Konterfei. Die übrigen Personen im Bild dürften bekannt sein.

Die Quellen dieses Artikels nochmals zusammengefasst:

– Ärzteblatt-Artikel 1
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/sw/Cannabis?nid=84780

– Ärzteblatt-Artikel 2
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/sw/Cannabis?nid=83706

– CaPRis-Exzerpt des deutschen Bundesgesundheitsministeriums (bzw. der Drogenbeauftragten Marlene Mortler)
https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/publikationen/drogen-und-sucht/details.html?bmg[pubid]=3104

– CaPRis-Exzerpt der Ärztezeitung
https://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/neuro-psychiatrische_krankheiten/suchtkrankheiten/article/948450/capris-studie-gross-chancen-risiken-cannabis.html



3 Antworten zu “BMG und Ärzteblatt stellen CaPRis-STUDIE falsch dar”

  1. Manfred Svagr sagt:

    NACH Unfall 1967 wurden mir Teile einer Bandscheibe 1868 entfernt. Seither jede Menge Medikamente u. div. Behandlungen Kur- u. Spitalsaufenthalten. Gegen meine Schmerzen hatte jedoch 58 Jahre lang nichts wirklich auf Dauer geholfen.
    Daraus (Medikamenten) resultierend, Magenschmerzen. Beruf trotzdem natürlich u. unter Grossen Schmerzen weiter nachgekommen. Frühpensionierung.
    Nachdem ich seit drei Monaten, Cannabis-Tropfen einnehme, bin ich beinahe Schmerz frei.

  2. analysebiber sagt:

    Wir Biber glauben eure Stellungnahme trifft nicht wirklich zu. Die Regierung, respektive der Staat ist mit Sicherheit daran interessiert, nicht zu geben zu müssen, dass sie seinerzeit völlig unreflektiert den Ausführungen von Harry Anslinger und seien Verbündeten gefolgt ist und Cannabis als eine der gefährlichsten Drogen der Menschheit klassifiziert hat. Über Jahrzehnte wurden Menschen deswegen auch in Deutschland zum Teil zu hohen Haftstrafen verurteilt und ihrer Freiheit beraubt.
    Nunmehr unter dem Druck der Wissenschaft und der elektronischen Medien lassen sich die seinerzeit vorgetragenen Begründungen für die Cannabisprohibition kaum noch aufrecht erhalten.
    Also musste eine Metastudie in Auftrag gegeben werden, welche im Ergebnis trotz aller neueren Erkenntnisse immer noch eine Gefährlichkeit von Cannabis bejaht.
    Bei wem wird so etwas dann in Auftrag gegeben. Natürlich bei der Berufsgruppe die am meisten unter der Aufhebung der Cannabisprohibition leiden würden. Das ist ja dann auch so geschehen.

    Wenn man eine unabhängige Studie lesen will : Sie trägt den Titel „The Health Effects of Cannabis and Cannabinoids: The Current State of Evidence and Recommendations for Research“ (Washington, DC: The National Academies Press.) und wurde von der National Academy of Sciences in Kooperationen mit verschiedenen Instituten erarbeitet.
    Hier der Link zur Studie:
    https://www.nap.edu/catalog/24625/the-health-effects-of-cannabis-and-cannabinoids-the-current-state
    Auch hier kommt man zu dem Ergebnis, und das zu Recht, dass das Thema Cannabis weitgehend unerforscht ist und es für vieles Hinweise aber eine statistischen Beweise gibt. Gleichwohl die vom Ärzteblatt und der Bundesregierungen vorgetragenen Gefährlichkeitsbedenken finden sich dort nicht.
    Im Übrigen lässt sich allerdings statistisch nachweisen, dass in den Staaten der USA wo Cannabis liberalisiert wurde die Verschreibung von Schmerzmitteln und schweren Schmerzmitteln und Schlafmitteln um bis zu 65% zurückgegangen sind. Das ist dann wirklich ein Erfolg für die gesundheitlichen Standard der Bevölkerung.
    Vielleicht will man ja einfach Zeit gewinnen um der Pharmaindustrie einen sanften Rückgang der Verkaufszahlen für diese Präparate ermöglichen. Vielleicht hat man aber auch Sorge davor, dass alle die, die cannabisaffin verurteilt wurden ihre Rehabilitation verlangen werden. Gruss vom Analysebiber

  3. Anke Ochs-Treß sagt:

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    wenn so viele Aktivisten sich für den Cannabiskonsum auch in der Freizeit zur Stimmungsaufhellung einsetzen und sie sagen, die Erfahrungen zeigen bei vernünftigen Konsum keine gesundheitlichen Folgeerscheinungen an, dann sollte man doch wirklich jetzt mal darüber nachdenken, ob der legalisierte Gebrauch von Cannabis nicht eine geeignete Maßnahme ist die Menschen vor nicht natürlichen Schwarzmarktprodukten, die wirklich gefährlich sind, zu schützen.
    Die jungen Leute lassen sich mit einer Altersbeschränkung und einer Aufklärung auch besser auf den richtigen Weg bringen als Verbote, die sowieso nichts gebracht haben.

    Mit freundlichem Gruß
    Anke Ochs-Treß

    Abgesehen davon, wenn ich sehe, was Medikamente für Nebenwirkungen haben, Zigaretten und Alkohol bei Missbrauch anrichten können, kann man diese Bevormundung der Bürger bei Cannabis nicht verstehen. Vernünftige Regeln bringen mehr als Verbote. Das war immer schon so.

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