Der Staat, dein Drogendealer

Eine mit Spannung erwartete Entscheidung des österreichischen Verfassungsgerichtshofs über Cannabis ist gestern gefallen: Die Verfassungsrichter bestätigten, dass es in Österreich nur einen geben kann, der mit Drogen-Cannabis dealen darf: den Staat. Die Richter ließen dabei völlig außer Acht, dass die tatsächliche Handhabung der bestehenden Gesetze durch die Regierung schon lange weit abseits jeglicher Bemühungen um das Wohlbefinden der BürgerInnen festgefahren ist. Es geht den Behörden ausschließlich darum, mit ihren Cannabis-Deals möglichst viel Geld zu verdienen. Der Verfassungsgerichtshof trägt diese Entscheidung ab nun also wissentlich mit.

Ungerechter Wettbewerbsvorteil: Das Staatsmonopol auf Drogendeals

Zum Hintergrund: Der europaweit, wenn nicht weltweit führende Player im legalen Cannabis-Business, der Wiener Alexander Kristen, der mit seiner Firma Flowery Field Marktführer bei THC-freien Cannabis-Zierpflanzen ist, beklagte vor dem Verfassungsgerichtshof die Legitimität der derzeitigen Handhabung des Suchtmittelgesetzes und der zughörigen Verordnungen durch die beteiligten Ministerien. Kristen hat in den vergangenen Jahren in Österreich den Weg für Cannabis-Stecklingsfarmen fast im Alleingang bereitet und ging dabei siegreich aus zahlreichen Repressionen, Razzien und Gerichtsverhandlungen hervor. Nun wollte er in den Cannabis-Anbau zum Zwecke der Gewinnung von Substanzen für Medikamente einsteigen. Dabei stieß er auf mächtige Gegner: das Landwirtschaftsministerium und das Gesundheitsministerium. Diese Ministerien, die gegenüber den BürgerInnen Österreichs der Auskunftspflicht unterliegen, haben sich zusammengetan und gemeinsam eine private Firma gegründet: die AGES GmbH., ein als „Agentur für Ernährungssicherheit“ betiteltes Unternehmen, das in seiner Gestalt als GmbH eine juristische Person des Privatrechts und den Kapitalgesellschaften zuzuordnen ist. Privat und Kapital – da hört man schon, wie der Hase läuft. So eine Firma unterliegt dann, anders als die Ministerien selbst, nicht mehr der Auskunftspflicht gegenüber den BürgerInnen. Sie kann im Dunklen agieren, monopolistisch geschützt von der öffentlichen Hand. Das empfand Kristen als ungerecht.

Suchtgiftverkauf ohne Forschungszweck?

Die geltenden Gesetze sehen vor, dass Cannabis mit relevantem Gehalt an THC, einem vom Gesetzgeber als maximal gesundheitsschädlich und medizinisch vollkommen wertlos klassifizierten Suchtgift, in jeder Hinsicht verboten ist – es sei denn zum Zwecke der Forschung und Wissenschaftsbildung. Dies entspricht der „Single Convention“ der UN, die alle Suchtgifte weltweit reglementiert. Der Umgang mit diesem Cannabis-Suchtgift ist in Österreich bestimmten Personen mit spezieller Ausbildung – Ärzten, Apothekern, Chemiker, Wissenschaftern – unter strengen Auflagen zu Forschungszwecken erlaubt. So eine „Person“ ist auch die Firma AGES GmbH. Tatsächlich aber leistet die Firma AGES keine Forschungsarbeit, das bekennt die Regierung auch offen (vergleiche HIER). Die Firma AGES ist wie jede Kapitalgesellschaft um Gewinnerwirtschaftung bemüht, weshalb sie in Österreich Drogen-Cannabis anbaut und es exklusiv an einen bundesdeutschen Pharmakonzern namens Bionorica AG verkauft, der daraus reines THC extrahiert und dieses in Form des Medikaments Dronabinol wieder zurückverkauft nach Österreich und andere Länder, wo es mittlerweile aufgrund seiner effizienten, nebenwirkungsarmen Wirkungen in Massen verschrieben und eingenommen wird. Dronalbinol wird zu Horrorpreisen gehandelt, wie jede/r Betroffene, aber auch die mit dem Thema vertraute Ärzteschaft bestätigt (vergleiche Artikel in der Zeitung Die Presse HIER).

Firma in Staatsbesitz verweigert gesetzlich festgelegte Fremdteilnahmen.

Dass die Firma sich im Besitz zweier Ministerien befindet, macht sie noch lange nicht – wie z.B. HIER in der Zeitung Der Standard behauptet – zu einer öffentlich-rechtlichen Instanz. Sie ist eine private juristische Person, siehe oben. Dennoch wird ihr von den Staatsbehörden auf den Anbau von Cannabis ein Monopol in Reinform zuerkannt, obwohl sogar im SMG verankert ist, dass sehr wohl auch andere Firmen in die Cannabis-Produktion einsteigen können, solange die Firma AGES an diesen Unternehmen beteiligt ist. Die Firma AGES verweigert aber die Beteiligung an solchen Firmen. Und dies war der Grund, warum Alexander Kristen vor den Verfassungsgerichtshof zog: Er wollte in die Produktion von Cannabis für die Herstellung von Medikamenten einsteigen, als Partner der AGES, wie im Gesetz vorgesehen. Dem Verfassungsgerichtshof war das egal.

Österreichs Verfassung bevorzugt ein Staatsmonopol unter Ausschluss der Bürger.

Die Ablehnung der Bitte von Alexander Kristen, in den THC-Produktionsmarkt eingelassen zu werden, und die Bestätigung der Beibehaltung der monopolistischen Stellung der Firma AGES gewährleiste laut Verfassungsgerichtshof „die zur Hintanhaltung des Missbrauches und damit die zum Schutz der Gesundheit erforderliche Kontrolle“. Freilich sehen Betroffene das völlig anders. Sie bekämen „als Patienten keine Auskunft, welche Sorten, auf welchem Substrat mit welchen Düngern und Pestiziden“ das Cannabis von der Firma AGES angebaut werde, so Gefried Düregger von der ARGE CANNA, der selbst Dronabinol-Patient ist. Über die Preisgestaltung fangen wir erst gar nicht zu reden an. Die biologische Abstammung und Qualität des Präparats liegt jedenfalls völlig im Dunklen, verborgen in den kapitalistischen Machenschaften zwischen den Firmen AGES und Bionorica, der Auskunftspflicht entzogen durch den Kniff der beiden Ministerien, eine private Firma zu gründen. Transparenz, wo bist du?

Das „wertlose“ Suchtgift ist dann ein Medikament, wenn es dem Staat Geld bringt.

Bei der ganzes Sache weiters völlig außer Acht gelassen haben die Verfassungsrichter, dass es sich bei dem im AGES-Cannabis enthaltenen Delta-9-Tetra-Hydro-Cannabinol (THC) um ein für den Gesetzgeber wertloses, süchtig machendes Gift handelt. Dies haben alle UN-Staaten anerkannt und garantiert, es gesetzlich umzusetzen. Freilich hat in Ländern, wo die Forschung an Cannabis tatsächlich erlaubt und gefördert wird, das THC diesen Ruf längst eingebüßt, weil das als vollkommen unhaltbar und unrichtig erkannt wurde. Aber die Gesetze haben sich nicht analog dazu verändert. Und tatsächlich werden Forschungsvorhaben, deren prognostizierte Ergebnisse faktisch daran rütteln könnten, dass THC-haltiges Cannabis schädlich für die Volksgesundheit sei, von Österreichs Behörden blockiert. Dahingehende Beweise liegen der ARGE CANNA vor. Aus diesem Blickwinkel wird die Haltung der österreichischen Behörden und Verfassungsrichter bereits äußerst fragwürdig. Hier scheint eine Gesetzeslage, die aufgrund neuer Erkenntnisse illegitim geworden ist, nur noch zu Zwecken der Bereicherung aufrecht erhalten zu werden.

Für Alexander Kristen ist die Sache damit zum Glück nicht erledigt, aber was könnte auch näherliegen, als den Kampf fortzuführen: Eine so wackelige und inkonsistente Argumentation wie jene, auf der das nunmehrige Urteil der Verfassungsrichter gebaut ist, kann keinen dauerhaften Bestand haben.

Hier einige Links zum Thema:

Firma Flowery Field
Firma AGES
Firma Bionorica
Ministeranfragen von betroffenen Patienten
Single Convention on Narcotic Drugs



3 Antworten zu “Der Staat, dein Drogendealer”

  1. Die SPÖ-Wien hat übrigens meinem Antrag zur Prüfung zur Legalisierung vollinhaltlich schon im Frühjahr zugestimmt.

    Politisch ein schwerer Weg, aber er wird gegangen, versprochen!

    http://geraldkitzmueller.wordpress.com/2016/12/17/cannabis-legalisierung-aber-ganz-flott/

  2. Axel Fowley sagt:

    Harry Anslinger zitat zum verbot von marihuana: es wird nur von juden, negern und hispanics geraucht um die weisse frau zu schänden

    Wenn du also gegen Gras bist, bist du seiner meinung….

  3. Vergeiner Marcel sagt:

    Ja ja die Werbung hält nie was sie Verspricht !. Werbung=Die Staatlichen Organe , Opfer=Das Menschenrecht !

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.